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Zurueck in Phnom Penh... Alltags-Buerotage und Wochenenden fangen sich langsam an zu strukturieren. Es ist nicht mehr alles neu und manchmal faellt ein despektierlicher Kommentar aus der Rubrik Dritteweltjessesdasgehtdochauchandersmeineguetekinders.
Am Montag hatten wir endlich mal wieder einen ganz normalen Buerotag. Ganz normal geht dann so:
Der Wecker klingelt um kurz nach 6. Stephan toettert ein bisschen ob der Uhrzeit und seines Schlafmangels. Liebevoll saeusel ich ihm ins Ohr, dass er es schliesslich war, der hierher wollte. Es folgt ein kurzer Diskurs auf hohem kommunikativem Niveau zur weiteren Eroerterung und Klaerung der Frage, wer das war der unbedingt hierher wollte Gegen halb sieben stehen wir auf, ich ziehe noch etwas eingeweichte Waesche durch die Lauge. Mit einem freudigen Lobgesang auf Hamburger Waschmaschinen geht der Tag los.
Ich gehe ins Badezimmer und dusche. Wir haben kein warm Wasser, ich dusche kalt. Das war die ersten Tage noch charmant und problemlos und dem Klima angemessen. Inzwischen ist es einfach nur eine kuehle Dusche. Es gibt wenig Redewendungen und Sprichworte, die den Charme und das Wohlfuehlaroma einer kalten Dusche preisen. Das hat seinen Grund. Den erkennen wir nun des Morgens, wir seufzen ein wenig und setzen uns an den Fruehstueckstisch.
Dazu holen wir erst die gefrorene Butter, Leberwurst, und den eisigen Kaese aus dem Kuehlschrank unserer Vermieter. Der Kuehlschrank hat offensichtlich nur zwei Einstellungen: Eis und Extrakaltes Eis. Auf dem Tisch steht dann noch das grosse Glas Mayonaise, Senf, Erdnussbutter und Marmelade. Soviel also zu dem gesunden Fruehstueck der Asiaten. (Und nein - ich glaube nicht dass ich komisch esse, gefrorene Leberwurst mit Mayonaise auf ungeroestetem Toastbrot erscheint mir vollkommen plausibel. Und ja, die Tage sind sehr sehr heiss und ich krieg sehr viel Sonne ab - warum?)
Wir beeilen uns mit dem Fruehstueck, denn um halb acht sind wir unten auf der Strasse mit unserem Nachbarn verabredet, der uns ins Buero mitnimmt. Mirakuloeser Weise kommen wir trotz Berufsverkehr lebendig und wohlbehalten im Buero an. Wir brauchen fuer die ca 3 bis 4 KM knapp 20 Minuten (zu Fuss geht das gefuehlt nicht wesentlich laenger). Im Buero puzzeln wir uns durch den Vormittag, bis wir um 12 Uhr zur Kantine aufbrechen. Die Kantine ist eine vietnamesisches Restaurant um die Ecke, das lecker kocht, eine englische Uebersetzung (wichtig) der Speisekarte (sehr wichtig) hat und zudem einigermassen Englisch versteht. In dieser Kombination hat uns der Laden so begeistert, dass wir ihn zu unserer Kantine erklaert haben. Ich habe keinen Zweifel, dass diese Auszeichnung die gesamte Belegschaft stolz und gluecklich macht, ich rechne mit persoenlicher Weihnachtspost durch den Besitzer.
Die Mittagspause im Buero geht von 12 bis 14 Uhr. Die anderen 6 Kollegen gehen nach Hause und trudeln gegen 2 wieder ein. Stephan und ich sind meistens nach unserem Kantinenbesuch etwas frueher zurueck und nehmen das als Ausrede, des Abends auch etwas frueher zu gehen. Regulaere Buerozeit ist nochmal von 14 bis 18 Uhr. Wir machen also noch etwas wohltaetige Bueroarbeit (die Kollegen beschweren sich nur selten ueber die begleitende saeuselnde Geigenmusik, die unser wohltaetiges Tun untermalt). Allerdings hat der eine Kollege seit einer Woche immer Musik aus dem Rechner laufen. Wir hoeren seit Tagen die ganzen alten 60er Jahre Schnulzen, "Je t' aime" laeuft taeglich mindestens einmal, ab und an kommt ein Intervall mit guter alter deutscher Volksmusik. Die Wetten laufen, ob es zuerst zu lautem Mitsingen oder direkt zu mutwilliger Zerstoerung des Rechners unter Absingen schmutziger Lieder kommen wird.
Gegen 17 Uhr (plus minus einer halben Stunde) nutzen Stepahn und ich unseren Exoten-Status aus und verlassen das Buero. Wir spazieren nach Hause, nie ohne einem Zwischenhalt im Lucky-Markt, unserer Wohlfuehloase (Klimaanlage! Dollarpreise!! Euro-Importe!!!). Wir kaufen fuer unseren kleinen Hausstand Zeuges ein und stocken unsere Getraenkebestaende auf. Wir kaufen noch etwas Wurst oder Kaese ein um sie im Kuehlschrank zu Eis gefrieren zu lassen, finden eine neue Sorte klebrig leckerer Hersheys-Schokolde und ja, seit Neuestem verirrt sich auch ab und an eine Gurke oder eine Tomate auf unseren Tisch. Aber da sind wir sehr sehr vorsichtig. Die Vitamine aus der Trauben-Nuss Schokolade erscheinen uns sicherer.
Vollbeladen finden wir den 5 minuetigen Weg nach Hause. Unsere Vermieter sitzen im Erdgeschoss im Bistro und bestaunen uns. Jeden Tag kommen wir beladen nach Hause. Und jeden Tag legen wir einen Berg von Wasser-Plastikflaschen und Getraenke-Dosen fuer den Abfallsammler hin. Wir muessen fuer die Leute in unserer Strasse wie Wesen vom fremden Stern sein. Aber sie nehmen es tapfer, wir gruessen uns alle immer herzlich. Verstaendigen koennen wir uns mit Mueh und Not nur mit einen von ihnen. Aber wir duerfen davon ausgehen, dass es der allgemeinen Voelkerverstaendigung und dem Frieden zwischen den Voelkern dient, wenn sie nicht unsere Kommentare zur Dusche und dem Kuehlschrank und wir nicht ihre Einschaetzung unserer Lebensgewohnheiten verstehen.
Dann schleppen wir unsere Beute hoch in den dritten Stock und verschnaufen erst mal. Klaeren dann kurz noch mal die Frage, wer jetzt eigentlich unbedingt hierher wollte und entscheiden dann, ob wir ein Abendbrot am Tisch machen oder ins Erdgeschoss ins Bistro gehen. Das ist eine schwierige Entscheidung. Auf unserer Terrasse gibt es den Instant-Nudelsnack. Seit neuestem wird der sogar mit etwas Gurke und Paprika aufgewertet! Und zum Nachtisch gibt es ein Peanutbutter-Jelly Toastbrot (ungeroestet, logisch). Diesem Kulinarischen Hoehepunkt steht die Option gegenueber, im Bistro Reis mit Huehnchenklein zu bekommen. Unserer Vermieter glauben nicht daran, Huehnchen zu entbeinen. Und wow - man glaubt es ja kaum, wie viele Knochen so ein Tier hat, wenn es am Stueck auf 2*2 grosse Wuerfelchen zerhackt wird.
Unser Vermieter (derjenige welcher etwas Englisch sprechen kann) versucht (je nach Tagesform) uns ein paar Worte Khmer beizubringen. Das Vorhaben ist zwar amuesant - wir lachen viel dabei - aber wenig erfolgreich. Sobald ich ein paar gelernte Worte an meien Vermieterin hinrede, kommt ein Ausdruck der Panik in ihr Gesicht und sie springt los, um ihren Bruder oder den Nachbarn dazu zu holen.
Nach dem essen Puzzeln wir etwas herum oder schauen etwas Fernsehen (auf CDs und Festplatte von zu Hause mitgebracht). Gegen halb 10 bin ich voellig erledigt und muss ins Bett. Aber natuerlich bereiten wir schon den naechsten Morgen vor: wir weichen noch etwas Waesche ein und Stephan schaut noch ein bis zwei Stunden laenger Fernsehen, damit das auch klappt mit dem Schlafmangel.
Und ja - wir geniessen unseren Aufenthalt hier. Wir werden viele Eindruecke und liebgewonnnenes Neues mit nach Hause bringen. Allerdings werden wir dafuer zunaechst zu Hause eine Tiefkuehltruhe fuer unsere Leberwurst einkaufen muessen.
Nette Annette,
AntwortenLöschenvon Ferne Eure Erfahrungen zu kommentieren zu wollen scheint etwas mit Major Tom (Du weisst schon, der von DB) gemein zu haben. Dennoch, ich unterlasse es nicht. Daher
Erstens:
- mir dünkt es eindeutig, dass Du in die Ferne drängtest um dort Gutes zu tun und temporär Dein angestammtes Umfeld zu verlassen. Obwohl unklar war, ob Du andernorts mehr Wohlfahrt stiften kannst als zu Hause (ich persönlich gehöre zur Fraktion die bezweifelt, dass dies möglich ist). Insofern möchte ich Stephan beipflichten wenn es um die Urheberschaft dieser Reise geht ....
Zweitens:
ich hoffe nicht, dass meine (großen) Töchter Eure Reisebeschreibungen lesen. Angesichts der Aussicht auf gefrorenen Wurst mit Mayo zum Frühstück sehe ich deren Studienmotivation hier aufs Äußerste gefährdet. Fand eh schon komisch, dass die sich neuerdings so für Khmer interessieren. Hausa fand ich ja o.k., aber Khmer?
Drittens:
Ich will jetzt nichts so viel schreiben - Johanna brüllt- träumt bestimmt von zweistündigen Mittagspausen. ...
Genießt den Alltag .. und wegen dem Kühlschrank, ich schaue mich hier schon mal nach einem digitalen Modell um. Daran kanns nicht liegen, falls Ihr doch nicht zurück kommen wollt,
meine ich.
jipiii,
AntwortenLöschenInput, das hat ja wieder gedauert. :-)
Auch ich verfolge eure Berichte sehr gespannt.
Während bei uns die Vögel das Land fluchtartig, gehn Süden verlassen. :-(
Wenn ihr so weiter schreibt, solltet ihr
darüber nachdenken, ein Buch zu schreiben.
Ich kauf das erste. ;-)
Viele liebe Grüße
Seit ich hier wohne überlege ich ob es ein Fehler war meinen großen Gefrierschrank zu verschenken, denn "SEIN" Kühlschrank hat nur s..o ein kleines Gefrierfach(in Wahrheit ist es noch kleiner). Naja, seit ich von dem tollen Eisleberwurstkühlschrank gehört ähm gelesen habe, bin ich anders orientiert. (den Mann behalte ich, aber der Kühlschrank.....muss weg)Zeit für 'ne Sammelbestellung
AntwortenLöschenStephans Schlafmangel korrigieren wir indem wir dafür eher ins Bett gehen *gähn*.
So, ihr zwei dann noch viel Freude bei eurer Tagesstrukturierung, wie auch immer die sich weiterentwickelt.....
Übrigens auf diesem UmWege ein kleiner Gruß an den Bahner Torsten ;-)(bist du`s wirklich?)
DreamTeamer - Du Schnacker :-)
AntwortenLöschenWerd'ja ganz rot...
Dabei ist es hier schon heiss genug, als dass Du mir noch die Roete ins Gesicht treiben musst.
:-))
Heiiiiijjj - der Bahner. ***Freu**
AntwortenLöschenWie schoen von Dir zu lesen! Folge doch den Voegeln nachSueden und mache langen Urlaub. Manche Voegel fligen bis nach Asien ueber den Winter .. !! Und nein, ich meine nicht die schraegen Voegel, sondern die Zug-Voegel. (Sollte der Name ZUG-Vogel nicht schon Hinweis genug sein - oh Du BAHNer??)
Rowena, Gutste, Hallo! Und sollten wir nicht einfach zusammen den Markt fuer Eisleberwurstkühlschraenke in Hamburg erschliessen? Sehe grosse Opportunitaeten auf uns zukommen. Sehe rosige Zukunft. ..! Ein weiterer Punkt auf der Liste "Freue mich auf Heimkehr weil.. "
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