Auch unsere wohltaetige Bueroarbeit neigt sich dem Ende zu. Und wir muessen leider konstatieren, dass die sanften Geigenklaenge, die unser wohltaetiges Tun im Buero untermalen, im Laufe der Wochen immer leiser geworden ist. Inzwischen haben die Klaenge ganz aufgehoert, man kann eher Gerumpel im Orchestergraben hoeren – die Musiker raeumen ihre Instrumente ein.
Auch von unserer wohltaetigen Bueroarbeit nehmen wir viele Eindruecke mit nach Hause. Vor allen Dingen die Erkenntnis, wie schwierig die Gemengelage zwischen den Gutmenschen aus Deutschland und den Projektverantwortlichen vor Ort ist. Alle zusammen wollen nur eines: helfen. Allerdings ist das schon die einzige Gemeinsamkeiten aller beteiligten Parteien.
Die Gutmenschen in Deutschland moechten den Aermsten der Armen Gutes tun. Sie nehmen viele Muehen auf sich, um irgendwie an Geld zu kommen, das sie nach Kambodscha schicken koennen. Dort soll ihr Geld helfen – in ihrem Sinne. Das heisst: wenn fuer blinde Kinder gesammelt wird, sollen blinde Kinder unterstuetzt werden, keine HIV-Infizierten Erwachsenen. Fuer das Geld soll auch keine Bueroarbeit finanziert werden oder gar ein Einkommen von Mitarbeiter finanziert werden, die in ganz anderen Projekten beschaeftigt sind.
Der Chef des kleinen Bueros hier moechte ebenfalls seinen Landsleuten helfen – das aber gerne langfristig und nachhaltig. Dazu benoetigt er langfristig einplanbare Gelder aus Deutschland. Und er benoetigt eine Infrastruktur im Buero. Dieses Buero und seine Mitarbeiter muessen monatlich bezahlt werden – dauerhaft und unabhaengig von der Spendierwuenschen der Gutmenschen.
Und dann gibt es die Angestellten im Buero, die vom Chef bezahlt werden und fuer ihn arbeiten. Fuer das kleine Gehalt, das von den Spendengeldern gezahlt werden kann, werden lokal ausgebildete Kambodschaner eingestellt – die von den Anspruechen des Chefs voellig ueberforder t sind. In der Schule wird keinerlei Projektarbeit beigebracht, die Gesellschaft basiert nach wie vor darauf, dass die aelteren bzw. sozial hoeher stehenden Menschen (oder die Reichen) Recht haben und sagen, wo es lang geht und die asiatische Gesellschaft foerdert nun auch nicht per se den Individualismus. Wo sollen es also die Mitarbeiter gelernt haben, ein eigenes Projekt verantwortungsvoll und eigeninitiativ voranzutreiben?
So – und jetzt kommen wir noch dazu, die ehrenamtlichen Freiwilligen, die irgendwie beschaeftigt und hilfreich eingesetzt werden sollen.
Wir sollen ein Konzept erstellen, wie in einem Heim fuer blinde und behinderte Menschen eine Huehnerfarm aufgebaut werden kann. Stephan und ich schmeissen uns in die Arbeit. Der Chef will, dass die Projektleiterin die Idee mit entwickelt und das Projekt vorantreibt. Er haelt sich zurueck, damit die Projektleiterin die Aufgabe uebernimmt. Die Projektleiterin ist ueberfordert, sie haelt sich zureuck. Stephan und ich haben tolle Ideen und arbeiten vor uns her. Ploetzlich taucht beim Chef eine Frau aus Singapur auf, die gern HIV-infizierte Menschen foerdern will. Der Chef uebernimmt kurzfristig die Projektplanung und involviert jetzt auch HIV-Infizierte im Projekt. Stephan und ich planen neu, aufgrund der bisherigen Erfahrungen im Heim fuer blinde Kinder planen wir die Huehnerzucht fuer junge Erwachsene und HIV-Infizierte. Der Sponsor aus Deutschand meldet sich – wo bleibt die Planung fur die Kinder? Der Chef hat Panik, dass die Projektleiterin es nicht auf die Reihe bekommt und uebernimmt die Planung. Stephan und ich erkennnen, dass unsere bisherige Planung weder bei der Projektleiterin angekommen, noch vom Chef aufgenommen wurde. Die eine war (und ist) ueberfordert, der andere ist es nicht gewohnt, dass ihm zugearbeitet wird.
Die Planung fuer das kommende Huehner-Projekt ist jetzt zwar schoen zu lesen – einige Passagen von Stephans Ansaetzen zur erzieherischen Arbeit im Heim sind in schoenstem Englisch tatsaechlich uebernommen worden. Die Umsetzung dieses theoretischen Konzeptes jedoch ist ohne den tatkraeftigen Einsatz eines eigenverantwortlich handelnden und initiativ mitdenkenden Projektverantwortlichen unvorstellbar. Stephan und ich sehen die Umsetzung als schwierig an.
Aber wuesste ich, wie es mit kambodschanischen Bordmitteln anders gemacht werden sollte? Wie der Chef es anders machen koennte? Nein – auch nach gut 3 Monaten engstes Mitarbeiten sehe ich kaum Moeglichkeiten zur Verbesserung. Und das ist fuer mich eine beedinruckende Erkenntnis: Keiner macht was falsch, aber richtig laeuft es auch nicht. Die Gutmenschen spenden Geld - wunderbar. Der Chef gibt sich alle Muehe aber er hat es nicht gelernt abzugeben denn er hat niemand an der Seite, der ihm etwas abnehmen wuerde. Also plant er im Zweifelsfall lieber selber. Fuer sich betrachtet macht er es rchtig. Die Projektleiterin ist ueberfordert – aber hat sie es jemals gelernt? Nein.
Und koennte man nicht eine faehige Projektleiterin finden und einstellen? Der Chef bezweifelt es. Aufgrund des kleinen Salaers, das er zahlen kann und aufgrund der fehlenden Ausbildung in Kambodscha seien eigeninitiativ und mitdenkende Mitarbeiter fuer ihn nur schwer zu finden. Was wir ansatzweise dazu in den Zeitungen lesen, unterstuetzt dieses Bild des Chefs.
Und so lauschten Stephan und ich mit leiser Trauer, wie die Geigenklaenge zur wohltaetigen Bueroarbeit in den letzten Wochen immer leiser wurden. Jetzt packen die Musiker ihre Instrumente ein – wir sind kurz vor Abreise. Einmal jedoch muss die Musik noch spielen: am Sonntag gibt es fuer uns ein Abschiedsfest – mit einem Karaoke Abend. Und wenn wir eins dort nicht hoeren werden so sind es leise Geigenklaenge :-)
alles gut ..ihr seid mal rausgekommen aus eurem hamburg trott.das ist doch genial. alles mal von aussen betrachten zu können, mal die perspektive zu wechseln, ist sehr bereichernd und unbezahlbar.sozusagen wohltat für alle beteiligten.und in D schneits:-)
AntwortenLöschenDie Arbeit scheint mir auch nie im Mittelpunkt des Aufenthaltes gestanden zu haben. Ihr werdet keine großen Spuren hinterlassen. Aber das habt ihr doch auch nicht erwartet. Ich hätte mich bestimmt schon viel früher mit solitaire und mineswiper befasst, oder versucht etwas handwerkliches zu machen.
AntwortenLöschenHabt ihr eigentlich etwas von den Gerichtsverfahren gegen die letzten noch lebenden Rote Khmer Funktionäre mitbekommen, die heute waren?
@ anonym: mein Eintrag soll(te) sich nicht frustriert anhoeren. Zwar war es der Plan, mit 3 Monaten ehrenamtlicher Bueroarbeit das Land zu retten, den Leuten Wohlstand zu bringen und die Malaria auszurotten. Und ich finde den Plan auch nach wie vor fantastisch. Leider feiert auch dieser Plan vor unserer Haustuere unten Party mit all den anderen Plaenen, die nicht aufgegangen sind.
AntwortenLöschenAber ehrlicheerweise muss ich sagen, dass wir von Anfang an das Leben in Phnom Penh und den Alltag in Kambodscha kennenlernen wollten. Die mildtaetige Bueroarbeit war eher die Gegenleistung fuer die Moeglichkeit, hier nett eingebunden zu sein. Und dieser Ansatz ist wunderbar aufgegangen.
@ Joerg: das mit den Gerichtsverfahren ist spannend. Es wird in den (internationalen) Zeitungen darueber berichtet und ich lese es mit Interesse. Was (und wie)in den lokalen Medien darueber berichtet wird bekommen wir ja leider nicht mit. Aber das ganze Thema der Gerichtsverfahren ist ueberhaupt kein Thema unter den Kollegen. Es wird nicht angesprochen und nicht darueber gesprochen.
AntwortenLöschenIch fragte unseren Chef danach, ob es Thema im Alltag oder Gespraech unter den Nachbarn sei. Er verneinte das. Und dann fuegte er noch an, dass das ganze international begleitete Gerichtverfahren doch sowieso nur eine Geldmacherei fuer die beteiligten (nationalen und internationalen) Richter sei.
Ich koennte mir vorstellen, dass das die Stimmung im Land einigermassen gut trifft. Die politisch interessierten Kreise werden sehr genau hinschauen. Grosses Interesse haben die internationalen NGOs. Die amtierenden Politiker haben selber Vergangenheit mit den roten Khmer (waren also aktiv dabei) und haben daher naturgemaess weniger Interesse an der Aufarbeitung. Und die breite Bevoelkerung hat mit dem Alltag zu tun - und nimmt die Gerichtsverfahren nur von Fernem wahr, das aber eher mit Skeptizismus.
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