Montag, 7. November 2011

Keine Probleme fuer die Fahrschule

Und es naeherte sich das Datum, an dem der Sohn 16 Jahre alt werden wuerde. Der Sohn aber ging in die 9te Klasse, an deren Ende einen Pruefung stand. Und die Pruefung wuerde ueber den weiteren Schulverlauf (Universitaet!) entscheiden. Und der Sohn war in der Pubertaet. Und die Schule war nicht oberste Prioritaet des Sohnes. Und der Vater verzweifelte.

Nein, ich verfasse hier nicht die Geschichte meiner Familie oder die Geschichte fast aller meiner befreundeten Vaeter. Dies ist vielmehr der Auftakt einer Begebenheit hier aus Kambodscha. Und ist es nicht verblueffend, wie sehr sich solche Elternsorgen ueberall auf der Welt gleichen?

Auch die Loesung, die der Vater (mein Chef Kim Heng) im Auge hatte ist charmant bekannt: er versprach seinem Sohn ein Mofa zum 16ten Geburtstag, wenn er bis zum Ende der 9ten Klasse die Schule durchziehen wuerde. Und erfreulicherweise war der Sohn am Ende der 9ten Klasse noch in der Schule und sollte also ein Mofa erhalten. Mein Chef Kim Heng ist verkehrstechnisch in Deutschland sozialisiert.Er hatte also Vorstellungen , wie der Junge das Fahren lernen sollte. Im Juni diesen Jahres wurden die beiden daher bei einer Fahrschule vorstellig: einmal im Leben sollte der Junge lernen, dass es Verkehrsregeln gibt – auch wenn das im taeglichen Strassenverkehr von Phnom Penh nicht ersichtlich ist.

Mofafuererschein? KEIN PROBLEM, so die Fahrschule, der kostet 35 Dollar und wird sofort ausgestellt.

Nein Nein, so mein Chef, der Junge soll Unterricht erhalten, er soll es lernen. KEIN PROBLEM, so die Schule, der Vater koenne dem Jungen doch alles beibringen. Fuer den Mofaschein gibt es keinen Unterricht.

ABER, so mein Chef, einmal im Leben soll der Junge die Verkehrs-Regeln richtig lernen und deswegen richtigen Unterricht erhalten. KEIN PROBLEM, so die Schule, dann soll er einfach den Autofuehrerschein machen, der beinhhaltet dann auch gleich den Mofafuehrerschein.

ABER, so mein Chef, der Junge sei doch noch keine 18 Jahre. KEIN PROBLEM, so die Schule, der Sohn soll einfach ein Passbild vorbeibringen, auf dem er aelter ausschaut und den Rest regeln sie dann. Der Unterricht fuer den Auto-Fuehrerschein kostet 65 Dollar, das beinhaltet 7 Fahrstunden und soviel Theorie-Unterrichtsstunden, wie der Sohn haben moechte.

Es wurde also ein Passfoto geschossen, fuer das der Sohn mit Anzugsjacke, Schlips und Brille ausstaffiert wurde. Die 7 Fahrstunden wurden gegeben und ein Pruefungstermin anberaumt. Es wurde dem Sohn geraten, die Fahrpruefung auf dem Land abzulegen, dort sei es billiger und einfacher. Die Pruefung wuerde 100 Dollar kosten. Allerdings sei fuer 100 Dollar aber nicht sicher, dass der Sohn die Pruefung auch wirklich bestehen wuerde. Fuer 130 Dollar jedoch gaebe es dann die Garantie, dass der Junge auch wirklich besteht...

Der Vater zahlte also die 130 Dollar Gebuehr, der Sohn legte die Pruefung erfolgreich ab und faehrt nun seit wenigen Monaten in Phnom Penh Motorad. Ein Kopie des offiziell gefaelschten Autofuehrerscheins hat er immer dabei – auf einer Kopie sei das “Wunsch-Geburstdatum” fuer die Polizei nicht so einfach zu ersehen wie auf dem Original. Und offensichtlich reicht der Polizei hier vor Ort bei Kontrolle eine Kopie des Ausweises.

Mein Chef Kim Heng erzaehlt die Geschichte, wie er seinem Sohn Verkehrs-Unterricht fuer das Mofa zukommen lassen wollte, mit einem Lachen im Gesicht. Das Lachen jedoch verliert sich, wenn er dann abschliesst mit dem Vergleich, wie er damals seinen Fuehrerschein erhielt. Den erhielt er naemlich noch ohne Zahlung von 130 Dollar Bestechungsgeld.

Als er 1997 frisch aus Deutschland nach Kambodscha zurueck kam, brachte ihm sein Freund hier in Phnom Penhs Umgebung das Autofahren bei. Dann ging Kim Heng zur Fahrschule und bezahlte fuer 4 Unterrichtsstunden. Zur Theorie bekam er ein Buch, er solle die Fragen der theoretischen Pruefung auswendig lernen. Und er sei ja in Europa gewesen und daher sei die Pruefung fuer ihn ja KEIN PROBLEM, er wuerde sowieso bestehen. Am Tag der Pruefung fuhr er mit seinem eigenen, zwischenzeitlich gekauften Auto vor.

Die Pruefung wurde im Verkehrsmininsterium abgehalten. Die Theoriefragen war tatsaechlich kein Problem. Das Problem zeigte sich erst zu Beginn der praktischen Pruefung: das Pruefungsauto war mit einer Gangschaltung ausgelegt. Bisher war Kim Heng nur mit Automatikgetriebe gefahren. Aber – KEIN PROBLEM - so der Fahrlehrer. Er wuerde Kim Heng kurz zeigen wie das geht. Das wuerde nur 3 Minuten dauern, und er wuerde auch nur einen Gang brauchen fuer die Pruefung. Und genauso kam es auch. Vor Beginn der Pruefung wurde Kim Heng kurz der erste Gang samt Bedienung der Kupplung vorgefuehrt. Er fuhr dann im ersten Gang den Fahrlehrer einmal um das Gebaeude und er bekam seinen Fuehrerschein. Und das ganz ohne Bestechung.

Kim Heng macht an der Geschichte fest, wie in den letzten Jahren die Korruption im Lande zugenommen. Ich finde sie erklaert viel anschaulicher, wie der Strassenverkehr hier funktoniert: fuer 35 Dollar ist man dabei auf der weltgroessten Kart-Bahn. Yippie!

Aus Alltagsschnipsel


Aus Alltagsschnipsel

2 Kommentare:

  1. Hihi. Wenn ich mir überlege, dass Ben jetzt 2400,- Euro für den Auto und Motorrad Führerschein bezahlen soll, kann ich nur neidvoll auf die Kambodschanischen Preise schauen. Wir Üben am Wochenende auf dem Parkplatz meines Arbeitgebers, damit es soooo "günstig" bleibt. Besser fände ich da, Ben für 1000,- € nach Kambodscha zu schicken und für 1400,- € Führerschein, Zahnspange und Software einzukaufen. ;-))))

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  2. :-)

    Joerg, mein Bester - da laesst sich was machen. Wenn nicht sogar gleich eine ganzer Geschaeftszweig darauf wartet, von uns ausgebaut zu werden. Den Zahnarzt vor Ort haben wir schon kontaktet. Internantionale Fuehrerscheine sind hier genauso leicht zu erhalten wie Mofa-Fuehrerschein. Und wenn ich mal vermuten darf - sie werde bestimmt auch gegen Vorlage eines deutsch abgestempelten Schuelerausweises oder Jugendherbergsausweis ausgestellt. Und unsere Kollegen uebernehmen dann Fuehrung ueber den Markt zu den Laeden mit Hard- und Software. Wunderbar.

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